DAZ - Unabhängige Internetzeitung für Politik und Kultur
Freitag, 19.09.2025 - Jahrgang 17 - www.daz-augsburg.de

... AUSGELEUCHTET

Was ist das Bahnprojekt Ulm-Augsburg?

Seit einigen Tagen ist bekannt, dass das Bahn­projekt Ulm-Augsburg wegen fehlender Mittel auf einer Streich­liste des Bundes­verkehrs­mini­steriums steht. Wirt­schaft, Kom­munen und Fahrgast­verbände sind besorgt. Doch was ist eigentlich das Bahn­projekt Ulm-Augsburg?

Ausgeleuchtet:

Das Bahnprojekt Ulm–Augsburg ist der Neubau einer 70 Kilo­meter langen, zwei­gleisigen Fern­verkehrs­strecke zwischen Ulm und Augsburg, zusätzlich zur Bestands­strecke. Ziel ist es, die Fahrzeit von derzeit 38 bis 43 Minuten auf 26 Minuten zu verkürzen.



En détail:

Zweck

Das Bahnprojekt Ulm-Augsburg mit seinen verkürzten Fahr­zeiten soll das Schienen­netz an den Deutsch­land­takt, einen deutsch­land­weit abge­stimmten Ziel­fahrplan anpassen.

Streckenführung

Die beiden neuen Gleise verlaufen nicht parallel zur Bestands­strecke. Statt­dessen folgt die Trasse zu etwa 80 Prozent der Autobahn A8 (zwischen den Anschluss­stellen Neusäß und Leipheim). Die übrigen 20 Prozent liegen vor Neu-Ulm entlang der beste­hen­den Bahnstrecke.

Rund 20 Kilometer der Strecke müssen in Tunneln geführt werden, um die maximal zulässige Steigung von 0,8 Prozent einzuhalten. Der längste Tunnel­abschnitt liegt zwischen Adelsried und Zusmars­hausen. Die Trasse ist für Geschwin­dig­keiten bis zu 300 km/h ausgelegt.

Türkis: die geplante Vorzugsvariante Ulm-Augsburg
Hintergrundkarte: © Bayerische Vermessungsverwaltung (2025), Datenquelle: Geoportal Bayern www.geoportal.bayern.de; Bearbeitung: DAZ

Deutschlandtakt nur mit Halt in Günzburg

Heute schon machbar:
44 Minuten Fahrzeit mit Halt in Günzburg

Der Deutsch­land­takt sieht einen stünd­lichen Halt in Günzburg vor. Dafür müssen die Züge – aus Augsburg kommend – bei Burgau auf die Bestands­strecke wechseln, in Günzburg halten und bei Echlis­hausen wieder in die Neu­bau­strecke einfahren. Die Fahrzeit liegt dann bei 40 Minuten – nur vier Minuten schneller als heute. Da der gesamte Schnell­verkehr einmal im 30-Minuten-Takt laufen soll, wird die Fahrzeit von 26 Minuten nur von jedem zweiten Zug erreicht.

Güterfernverkehr

Die Neubaustrecke wird auch vom Güter­verkehr benutzt. Um Über­holungen zu ermög­lichen, ist in Bubes­heim ein rund zwei Kilometer langer Ausweich­bahnhof vor­ge­sehen. Die Begren­zung der Steigung auf 0,8 Prozent geht ebenfalls auf die Anforde­rungen des Güter­verkehrs zurück.

Zeitplan

ICE – Symbolbild

Die Planung durch die DB InfraGO begann 2019. 2024 legte die Bahn als Ergebnis die sogenannte Vorzugs­variante vor. Anschließend begann die par­lamen­tarische Be­fas­sung im Bundes­verkehrs­mini­sterium. Dort hakt es zurzeit.

Sollte das Mini­sterium das Projekt an den Bundestag weiter­leiten und dieser zu­stimmen, schlösse sich ein mehr­jähriges Plan­fest­stellungs­ver­fahren an, eine Art über­regio­nales Bau­geneh­migungs­ver­fahren. Ein Bau­beginn wäre frühe­stens Ende des Jahr­zehnts realistisch.

Zur reinen Bauzeit äußert sich die DB bislang nicht. Kol­portiert wird nur eine Fertig­stellung „in den 30er Jahren“. Für Stuttgart 21, ein von der Größen­ordnung ver­gleich­bares Projekt, waren neun Jahre Bauzeit ver­an­schlagt. Tat­säch­lich werden es dort wohl 17 Jahre.

Baukosten

Die ersten Schätzungen von 2016 lagen bei knapp 2,0 Milliarden Euro. Zuletzt wurden 5,5 Milliarden Euro ver­an­schlagt. Zum Vergleich: Bei Stuttgart 21 lagen die Schät­zungen zu Bau­beginn bei 4,5 Milliarden Euro, derzeit rechnet man mit Gesamtkosten von etwa 12 Milliarden Euro.

Fazit

Das Projekt verkürzt die Fahrzeit zwischen Augsburg und Ulm im Deutsch­land­takt um lediglich vier Minuten, bei durch­gehen­den Ver­bin­dungen ohne Halt immer­hin um 12 Minuten.

Wahrscheinlich wird das Vorhaben jedoch über 10 Milliarden Euro ver­schlingen – und die Reali­sie­rung noch rund 15 Jahre dauern.

Zum Schluss ein Blick in die Statistik: Fast die Hälfte aller Fern­züge verspätet sich um mehr als 6 Minuten, ein Drittel sogar um mehr als 15 Minuten. Die teuer erkauften Minuten Fahr­zeit­ver­kürzung könnten also schon beim Warten auf ver­spätete Züge wieder verloren sein.