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Freitag, 22.03.2024 - Jahrgang 16 - www.daz-augsburg.de

Naturschutz contra Erneuerbare Energie

Auf einer gemeinsamen Pressekonferenz forderten gestern mehrere Augsburger Umwelt- und Naturschutzverbände den Erhalt einer der letzten freien Fließstrecken am Lech zwischen Hochablass und Staustufe 23. Anlass: die Absicht des Energieriesen E.ON, dort Wasserkraftwerke zu errichten.

„Hände weg vom Lech!“ lautet der Aufruf der 1997 gegründeten Lechallianz, der u.a. die Naturforschende Gesellschaft Augsburg, der Bund Naturschutz, der Landesbund für Vogelschutz, der Fischereiverband Schwaben, der Naturwissenschaftliche Verein für Schwaben, die Jägervereinigung Augsburg, der Pilzverein Augsburg-Königsbrunn und der Bayerische Kanuverband angehören.

Ziel der Lechallianz ist schon seit Jahren die Renaturierung des Lechs in diesem Flussabschnitt nach dem Vorbild des Projekts „Wertach Vital“ und der Isar im Stadtgebiet München. Hierdurch sollen die Lebensräume von Fischen, Vögeln und Insekten und die reichhaltige Ufervegetation bewahrt und die natürliche Flusslandschaft auch für den Menschen als Erholungsraum erlebbar werden, so die Allianz, die eine konkrete Gewässerentwicklungsplanung fordert.

„Auf nicht absehbare Zeit jede Renaturierungsmaßnahme unmöglich“

Dies alles sei jetzt in Gefahr. Denn die E.ON Wasserkraft GmbH hat bei der Stadt Augsburg ein Wasserrecht für die Sohlschwelle bei Flusskilometer 50,4 beantragt, um dort ein erstes von bis zu sechs neuen Wasserkraftwerken zu errichten. Die Kraftwerke würden auf nicht absehbare Zeit jede Renaturierungsmaßnahme unmöglich machen, so die Allianz, die die E.ON-Pläne „vollkommen ablehnt“. Kein bayerischer Fluss sei so verbaut wie der Lech mit seinen rund 30 Staustufen, erklärte Ulrich Krafczyk, Geschäftsführer und Sprecher der Lechallianz. Man werde deshalb alle Mittel zur Verhinderung der Kraftwerkspläne ausschöpfen, von der Klage bis zum Bürgerbegehren.

Dabei sieht die Allianz das Recht komplett auf ihrer Seite. Das betroffene Gebiet steht mehrfach unter Schutz. Es ist seit 1942 Naturschutzgebiet, das zweitgrößte außeralpine in Bayern. Es ist ein FFH-Schutzgebiet (Flora-Fauna-Habitat) nach den Naturschutzrichtlinien der Europäischen Union. Die Europäische Wasserrahmenrichtlinie verbietet jede Verschlechterung an einem Flusskörper. Auch die Verordnung über das Naturschutzgebiet „Stadtwald Augsburg“ steht dem geplanten Bauvorhaben entgegen. Nach § 4 dieser Verordnung ist es verboten, bauliche Anlagen im Naturschutzgebiet zu errichten. Nicht zuletzt wäre auch das Trinkwasserschutzgebiet der Stadt Augsburg betroffen, wenn sich die derzeitigen Wasserspiegellagen ändern sollten. Und es gibt einen einstimmigen Stadtratsbeschluss aus dem Jahr 2005 zur Renaturierung des Lechs.

Auch das Argument der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien lässt die Lechallianz nicht gelten und sieht sich durch ein Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs aus dem Jahr 2007 bestätigt. Demnach ergebe sich nicht notwendig ein Vorrang der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien vor den Belangen des Umwelt- und Naturschutzes.

Abstimmungsgespräch mit der Stadt geplant

Die Firma E.ON kündigte indes für die kommenden Tage ein Abstimmungsgespräch mit den zuständigen Behörden der Stadt Augsburg an. Danach soll es einen Informationstermin für die interessierte Öffentlichkeit geben, auch mit den Naturschützern. „In den letzten Jahren hat sich die Technik in der Wasserkraft so weiterentwickelt, dass wir eine umwelt- und naturverträgliche Nutzung der Wasserkraft an diesem Standort darstellen können“, so Dr. Dominik Godde, Technischer Geschäftsführer bei E.ON in einer Pressemitteilung.

„Nur wenn E.ON hier auf den Kraftwerksbau verzichtet, würden wir der Firma das Bekenntnis zur Umweltverträglichkeit abnehmen“, so Dr. Ebergard Pfeuffer vom Naturwissenschaftlichen Verein für Schwaben. Der Konzern hätte gerade am Lech ein reiches Betätigungsfeld. Über 20 bereits bestehende Staukraftwerke könnten ökologisch und in ihrer Effizienz verbessert werden.

Im Bau: Kraftwerk an der Wolfzahnau

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