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Freitag, 22.03.2024 - Jahrgang 16 - www.daz-augsburg.de

AEV: Die Überzahl-Überflieger spielen Eishockey auf höchstem Niveau

Im Dezember gibt es für die Pantherspiele nur noch wenige Karten. Die Panther begeistern seit Wochen ihr treues Publikum, während das Gekicke der FCA-Profis kaum noch zu ertragen ist. Warum man dennoch die Misere des FCA nicht mit dem Höhenflug der Augsburger Panther vergleichen darf, erklärt Eishockey und Fußballexperte Peter Hummel.



Die ""Hölle des Südens": Das ausverkaufte Curt-Frenzel-Stadion

"Hölle des Südens": Das ausverkaufte Curt-Frenzel-Stadion - (c) DAZ


Das Eishockey-Wochenende endete für die Panther zwei Mal 3:2. Gegen Köln war das aus Augsburger Sicht perfekt, gegen die Nürnberger leider nicht. Natürlich kann man Eishockey und Fußball nicht vergleichen, wie man zum Beispiel auch Rugby und rhythmische Sportgymnastik nicht gegenüberstellen kann. Andererseits waren in den vergangenen Jahren die Spieler des FC Augsburg immer mal wieder zu Gast im Curt-Frenzel-Stadion, um von der Tribüne aus zu beobachten, wie Pässe bei einem fünffach höheren Tempo ankommen können, was es heißt, über körperliche Präsenz zum Ziel zu kommen und dass man sich als Gefoulter nicht zwangsläufig wie ein Sterbender krümmen muss. Wie gesagt, Eishockey und Fußball kann man nicht vergleichen und es wäre wirklich Unsinn, würde ein Hockey-Spieler einem Kicker erklären, wie man ein effektives Überzahlspiel aufzieht. Dass der FCA am Samstag in Hamburg beim HSV mit einem Mann mehr keinen Vorteil aus dieser Situation gezogen hat, lag vermutlich daran, dass … – nein, wir wissen es nicht. Der Rasen ist kein Eis, der Ball ist keine Scheibe, ein Stollen ist keine Kufe. Wobei die Sache mit der Überzahl-Effektivität schon etwas wäre, was sich einer mit einer Leggings unterm Trikot bei einem mit Brustpanzer überm Herzen mal anschauen könnte. Dass die Augsburger Panther im Moment alle acht Strafminuten mindestens ein Tor schießen, macht sie zum überragenden Überzahlteam der Deutschen Eishockeyliga, was über 6100 Zuschauer am vergangenen Freitag beim Spiel gegen die Kölner Haie im ausverkauften Curt-Fenzel-Stadion einmal mehr bewundern konnten. Am Ende gewannen die Männer um Trainer Mike Stewart mit 3:2 und wer an diesem Abend zum ersten Mal ein Eishockey-Spiel gesehen hat, konnte erleben, warum Augsburg gemeinhin als „Hölle des Südens“ bezeichnet wird.

Die Fans auf den Rängen zelebrierten eine Stimmung in das weite Rund am Senkelbach, dass die Nervenzellen auf den Schultern gar nicht hinterher kamen, einen Schauer nach dem anderen über den Rücken zu jagen. Von den rund 200 mitgereisten Anhängern aus Köln war den ganzen Abend nicht einmal ein Klatschen zu vernehmen, geschweige denn ein Lied zu hören, was noch weniger ist, als das, was normalerweise von den rund zehn Wolfsburg-Fans zu vernehmen ist, die kommenden Freitag wieder mit zwei Autos aus Niedersachsen anreisen werden, um ihre Mannschaft zu unterstützen. Dass es am Sonntag in Nürnberg beim Auswärtsspiel wieder 3:2 aus ging, wenngleich die Panther in diesem Fall das Nachsehen hatten, ändert nichts an der Tatsache, dass es die Verantwortlichen in diesem Jahr wohl geschafft haben, eine Truppe zusammenzustellen, die eine schlagkräftige Einheit bildet und obendrein von begnadeten Einzelakteuren dazu befähigt wird, sich in der oberen Tabellenhälfte zu etablieren.

Eines der Geheimnisse des AEV ist dabei, dass die Verteidiger nicht nur die Scheiben vor dem eigenen Tor beherzt wegräumen, sondern im nächsten Moment bereits die Stürmer bedienen und das Spiel unmittelbar nach vorne verlagern. „Schnelles Umschaltspiel“ diktieren die Fußball-Trainer dazu den Reportern ins Mikrophon. „Sauhund sind’s schon“, kommentieren so etwas die Eishockeyfans. Leider konnten die Augsburger in Nürnberg ihre seit Wochen bemerkenswert schnell laufende Scheibe nicht oft genug gegen die zuletzt schwächelnde Abwehr der Franken bugsieren, und so war die erste Niederlage nach regulärer Spielzeit seit neun Spielen nicht zu verhindern.

Der Dezember wird nun zeigen in welche Richtung es diese Saison geht. Die Vorzeichen waren lange nicht so gut, dass der älteste Eislaufverein Deutschlands bei der Einteilung der Playoff-Termine berücksichtigt werden muss. Auch deshalb, weil sich die Verpflichtungen aus Übersee nicht nur perfekt in die Mannschaft integrieren konnten, sondern auch in die Herzen des Anhangs. Zum Beispiel Topscorer Trevor Parkes, ein Hüne mit 1,90 Meter und 98 Kilogramm, der vor dem Tor auch dann kaum Regung zeigt, wenn er von drei Gegnern gleichzeitig attackiert wird. Eigentlich hatte der Kanadier auf einen Vertrag in der National Hockey League spekuliert, aber als daraus nichts wurde, folgte er dem Ruf nach Augsburg. Dass man hier alles mit dem Fahrrad erreichen kann, findet er großartig, denn so etwas sei in San Jose, seiner letzten Station, undenkbar gewesen. Allein der Stadtkern in der kalifornischen Metropole hat einen Durchmesser von 15 Kilometern. In der Fuggerstadt ist eben alles ein bisschen übersichtlicher, heimeliger, emotionaler. „So eine Stimmung haben wir noch nie erlebt, never ever“, sagen die Übersee-Importe einstimmig, „es macht einfach jede Woche Spaß, aufs Eis zu fahren und alles zu geben.“

Wer die „Hölle des Südens“ erleben will, hat dazu am Freitag um 19.30 Uhr gegen Wolfsburg die nächste Gelegenheit. Für die darauffolgenden Heimspiele gegen Ingolstadt (23.12.) und Straubing (28.12.) gibt es nur noch Restkarten. Ob die FCA-Spieler, die sich dann bereits in der Winterpause befinden, all die schönen Sitzplätze weggekauft haben, ist nicht bekannt. Gesichert ist dagegen, dass Tore fürs eigene Team in aller Regel dann fallen, wenn man sich nicht nur aufs Tore-Verhindern versteift. Beim Fußball wie beim Eishockey.