DAZ - Unabhängige Internetzeitung für Politik und Kultur
Samstag, 20.04.2024 - Jahrgang 16 - www.daz-augsburg.de

Theatersanierung: Kritiker schlagen unabhängige Gutachterin vor

Im Streit um eine bessere Theatersanierung gab es nach dem ersten Aufschlag der Sanierungskritiker, die am Dienstag eine Art Gegengutachten bezüglich der vorzeitigen Schließung des Großen Hauses vorlegten, die erste Replik der Stadt, die wiederum eine Reaktion der Sanierungskritiker hervorrief.

Wolfgang Rösener

Wolfgang Rösener


OB Kurt Gribl erklärte der Augsburger Allgemeinen, dass die Stadt den TÜV Süd beauftragen wird, zu prüfen, ob die Nutzung des Großen Hauses richtigerweise untersagt wurde oder ob es sich um eine politische Schließung handelt, wie inzwischen von den Sanierungskritikern gemutmaßt wird. Diese Prüfung beanspruche laut Kurt Gribl acht Wochen. Dass eine Schließung mit Kompensationsmaßnahmen verhindert hätte werden können, behauptet dagegen der unabhängige Brandschutzgutachter Wolfgang Rösener in einem Schriftstück, das Kurt Gribl als „dünn“ bezeichnete: „Die Leute, die uns beraten haben, werden von Herrn Rösener in nicht unerheblicher Weise angegriffen und in einem dünnen Papier der Schlamperei bezeichnet. Das kann ich nicht stehen lassen“, so Kurt Gribl gegenüber der Augsburger Allgemeinen.

Wolfgang Rösener ficht das nicht an. „Jeder kann den Versuch unternehmen, meine Ausführungen zu widerlegen, dann muss er allerdings im Rahmen der Begründung des Bauordnungsamtes bleiben, das sich wiederum nur auf Ausführungen des Brandschutzes berufen kann“, so Wolfgang Rösener gegenüber der DAZ. Andere Brandschutzmängel als jene, die Rösener in seinem Gutachten untersuchte, seien nicht Gegenstand der Ausführungen der Beschlusslage, die zur Schließung führte, so Rösener, der sich im Streit mit der Stadt in einer komfortablen Situation sieht. Das Brandschutzgutachten von Kersken & Kirchner von 2010 sei von der Stadt nicht angemessen beachtet worden, so Rösener, da dieses Gutachten u.a. darauf hinwies, dass man eben genau an der Stelle, an der nun die Brandschutzmängel von der Stadt entdeckt wurden, nachprüfen müsse.

Man kann nicht wie Merkle von „überraschenden Umständen“ sprechen

Dass das erst sechs Jahre nach der Empfehlung der angesehenen Brandschützer geschah, sei schlampig. Man könne aufgrund eines sechs Jahre alten Gutachtens nicht von „überraschenden Umständen“ sprechen, wie es Baureferent Gerd Merkle tat. Es gebe in dem Gutachten von Kersken & Kirchner noch weitere zahlreiche Hinweise, wo noch weitere Untersuchungen notwendig seien. Es sei schon erstaunlich, dass die Stadt die Sanierungskosten auf 187 Millionen Euro taxiere, ohne zu wissen, was brandschutztechnisch noch auf sie zukomme, so Rösener, der gegenüber der DAZ auch eine politische Haltung einnahm: „Wenn Möglichkeiten aufgezeigt werden, den Steuerzahler zu entlasten, sollte man den Faden aufnehmen. Nicht die Macht höchst unwahrscheinlicher Ereignisse sollte die Untersuchungsschlussfolgerungen bestimmen, sondern das Aufzeigen von Lösungen, wie man den Spielbetrieb im Großen Haus weiter führen könnte, so Rösener.

Zu Wort meldeten sich gestern auch die Sanierungskritiker: „Wir schlagen alternativ zum TÜV Süd als Gutachterin die renommierte Sachverständige für Brandschutz und Baustatik Sylvia Heilmann aus Dresden/Pima vor”, so die Vertreter der Bürgerinitiative IKSA, die gestern in einer Pressemitteilung die vorzeitige Theaterschließung als “Politikum” bezeichneten. Es müsse nun im Vorfeld der Vergabe geklärt werden, welchen Auftrag der „neutrale“ Gutachter bekommen wird.

Es drängt sich immer mehr der Verdacht auf, dass der Brandschutz als politisches Vehikel diente, um das Bürgerbegehren auszubremsen



Die von OB Dr. Gribl ins Spiel gebrachten „acht Wochen“ für die Begutachtung durch den TÜV Süd seien zu lang. Dabei würde kostbare Zeit verstreichen. Die Möglichkeit einer Wiedereröffnung könnte verschleppt werden, die Kosten würden steigen, so die Vertreter der „Initiative für kulturelle Stadtentwicklung“, die in das gleiche Horn wie Rösener blasen: „Es müsste geprüft werden, was laut Gutachtern unternommen werden muss, um weiterspielen zu können. Aktuell sieht es aber eher danach aus, dass es der Stadt darum gehe, ihre vorzeitige Schließung gutachterlich absichern zu lassen.“ Um diese Unterstellung zu untermauern, zitiert die Bürgerinitiative aus einem Schreiben eines weiteren Brandschutzexperten (Büro Erich Sauter) vom 15. Mai 2016 an Baureferent Gerd Merkle: „Mit einem kurzen Brandschutz-Nachtragskonzept (aus einem anderen Blickwinkel) könnten wir vermutlich zusammen die vorzeitige Schließung abwenden.“ Erich Sauter bekam auf diesen Vorschlag keine Antwort. – „Es drängt sich immer mehr der Verdacht auf, dass der Brandschutz als politisches Vehikel diente, um das Bürgerbegehren auszubremsen“, so die Bürgerinititative, die in ihrer Stellungnahme die Stadt auffordert, „die Bürger umfassend über alle Vorgänge in diesem Zusammenhang zu informieren und die offensichtlichen Widersprüche zur Theaterschließung vollständig aufzuklären.“

Unabhängig davon wurden im gestrigen Ferienausschuss des Augsburger Stadtrats die Anmietung der Schwabenhalle und einer Industriehalle im Martinipark beschlossen. An diesen Interimsspielstätten sollen zu Beginn der kommenden Spielzeit Inszenierungen stattfinden, die ursprünglich fürs Große Haus geplant waren. Die Verträge sind auf eine Spielzeit ausgerichtet. Die Mietkosten für diesen Zeitraum liegen bei zirka einer halben Million Euro.