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Freitag, 22.03.2024 - Jahrgang 16 - www.daz-augsburg.de

„Am Ende ein Fest“ – Sterbehilfe und Altenheimromantik als berührende Komödie

In Augsburg ist ein bemerkenswerter Film angelaufen. Im Thalia war Regisseur Sharon Maymon zu Gast und stellte sich den Fragen des Publikums.

Von Halrun Reinholz

Regisseur Sharon Maymon im Augsburger Thalia Kino

Regisseur Sharon Maymon im Augsburger Thalia Kino


Ein Mann telefoniert mit einer krebskranken Frau. Er gibt sich als Gott aus und mahnt die Kranke, noch durchzuhalten und ihre Therapie zu machen, denn im Himmel sei gerade kein Platz für sie. Das ist der skurrile Einstieg in den Film des israelischen Regieduos Tal Granit und Sharon Maymon. Schauplatz: ein Altenheim in Jerusalem, betreutes Wohnen, recht wohlhebende Klientel. Man nimmt Anteil aneinander, alle sitzen schließlich im gleichen Boot und sind früher oder später von den gleichen Problemen betroffen. Aktuell geht es um den sterbenskranken Max, der seine Frau und die Freunde inständig bittet, ihm beim Sterben zu helfen. Seine Frau Yana setzt alle Hebel in Bewegung, um ihm diesen Wunsch zu erfüllen. Yehezkel, ein Bastler und Tüftler, der zum Beispiel eine „Sabbath-Maschine“ gebaut hat und ein guter Freund von Max ist, entwickelt schließlich ein Gerät, mit dessen Hilfe Max sein Leben per Knopfdruck selbst beenden kann. Ein ganzes Team an Komplizen hat sich bereits gebildet: Dr. Daniel, der Veterinär, kennt die nötigen Substanzen. Und der ehemalige Polizist Rafi sorgt für die Vorkehrungsmaßnahmen und die Verwischung der Spuren. Trotzdem spricht sich die Sache herum, immer mehr Senioren wollen die Sterbemaschine für ihre unheilbar kranken Partner nutzen. Die vehementeste Gegnerin des Projekts ist Yehezkels Frau Levana, die jedoch bald selbst vor der Entscheidung steht, ob sie das Ende ihres Lebens selbst bestimmen können will.

An Filme über das Alter und die damit verbundenen Leiden hat man sich gewöhnt – ein sehr gegenwärtiges Thema in einer überalterten Gesellschaft und insofern naheliegend. Und das Thema Sterbehilfe ist auch omnipräsent in der öffentlichen Diskussion. In dieser deutsch-israelischen Produktion gelingt der Spagat zwischen Ernsthaftigkeit und Humor auf hervorragende Weise. Altenheime weisen nicht selten Parallelen zu Schullandheimen auf. Auch in diesem Film kommen klischeehaft Aufsichtspersonen mit erhobenem Zeigefinger vor, die Demente als „geistig behindert“ einstufen und beizeiten ins Pflegeheim abschieben wollen. Und auch hier gibt es Heimlichkeiten, wie die homosexuelle Beziehung zwischen dem Tierarzt und dem (verheirateten) Ex-Polizisten. Die Eigeninitiative der Senioren (inklusive Nudisten-Party im Gartenpavillon) ist also vergleichbar mit den Abenteuern, die man aus Internatsgeschichten kennt. Doch die Regisseure machen ihre Figuren in keinem Fall lächerlich. Die Lacheffekte ergeben sich aus der Situation, aus den Szenen, aus dem Umgang mit vermeintlichen Tabus. Selbst die vermeintlich pathetischen Gesangseinlagen, die wie im Musical plakativ eingestreut werden, brechen sich zur Satire, ohne zu verletzen. Regisseur Sharon Maymon erzählte im Publikumsgespräch, dass er und seine Regiepartnerin den Text des Drehbuchs in minutiöser „Wortarbeit“ selbst verfasst haben. „Wir sind kein Paar, aber danach haben wir eine Paartherapie gebraucht“, scherzte er. Diese Stringenz des Textes ist dem Film anzumerken. Keine billigen Gags, dafür hochkarätig komische Darsteller, die, wie Maymon erläuterte, unter den bekanntesten Comedians Israels gezielt ausgewählt und angefragt wurden. Auf diese Weise konnte man die ernsthafte bis tragische Handlung des Films mit der nötigen Leichtigkeit und dem (zugegeben grau-schwarzen) Humor präsentieren, der ihn unbedingt sehenswert macht.

Dass die Thematik universell ist, konnte Sharon Maymon in Augsburg auch wieder bestätigt sehen: Die Leute hätten an denselben Stellen gelacht, freute er sich, wie bei den Vorführungen im Original. Einziges Ärgernis: die nichtssagende deutsche Übersetzung des Titels, der im Original etwa „Der gute Tod“ oder „Das gute Sterben“ heißt. „Am Ende ein Fest“ klingt eher nach Klamotte und wie „Ende gut – alles gut“. Das wird der einfühlsamen und dennoch schelmischen Präsentation eines komplexen Themas nicht gerecht.

Mehr zu dem Film unter http://www.am-ende-ein-fest.de/. In Augsburg in den Kinos Thalia, Mephisto und Savoy, Programm unter www.lechflimmern.de.