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Samstag, 20.04.2024 - Jahrgang 16 - www.daz-augsburg.de

Dreifach gemoppelt

GroKo im Stadtrat setzt höhere Vergütungen für sich durch

Von Bruno Stubenrauch

Mit den Stimmen von CSU und SPD hat der Stadtrat in seiner Sitzung am gestrigen Donnerstag höhere Entschädigungen für die Vorsitzenden der beiden großen Fraktionen sowie mehr und besser dotiertes Personal für die Arbeit in Fraktionen und Ausschuss­gemeinschaften beschlossen.

Hat 500 Euro mehr und gut lachen: Bernd Kränzle

Hat 500 Euro mehr und gut lachen: Bernd Kränzle (CSU)


Von der Neuregelung profitieren Bernd Kränzle (Fraktionschef der CSU) mit gut 500 Euro im Monat und die SPD-Fraktions­vorsitzende Margarete Heinrich mit rund 350 Euro. Federn lassen mussten hingegen die Fraktions­vorsitzenden der kleineren Parteien. Sie erhalten künftig 353 Euro weniger. Insgesamt steht den Fraktionen, Ausschuss­gemeinschaften und Wählergruppen, auch hier vor allem den beiden großen Fraktionen von CSU und SPD, jetzt mehr angestelltes Personal zur Verfügung, der 23-köpfigen CSU-Fraktion beispielsweise drei Vollzeitstellen. Dieses Personal kann außerdem höher bezahlt werden, z.B. der Fraktions­geschäftsführer von Fraktionen ab 10 Mitgliedern nach A 15 bzw. EG 15.

“Katastrophale Außenwirkung”

Thomas Lis (AfD)

"Affront ohne Augenmaß": Thomas Lis (AfD)


Das Paket, das in zwei Tages­ordnungs­punkten gut zwei Stunden lang diskutiert wurde, erntete aus dem Oppositionslager und von den Grünen durchweg herbe Kritik. Thomas Lis (AfD), dessen Ausführungen sich die anderen Oppositions­fraktionen mehrfach anschlossen, bewertete die Beschlussvorlage aus rechtlicher und aus politischer Sicht: Rechtlich könne man gegen eine höhere Entschädigung von Vorsitzenden großer Fraktionen wohl nichts einwenden, da es diese in anderen Städten, z.B. Ingolstadt, bereits gebe. Politisch sei jedoch der CSU/SPD-Antrag vom 7. Mai, also direkt zu Beginn der Legislatur, ein Affront ohne Augenmaß mit katastrophaler Außenwirkung, ähnlich der Diätenerhöhung durch die Große Koalition in Berlin unmittelbar nach der letzten Bundestagswahl.

Das Argument “große Fraktion” mehrfach verbraucht

"Argument dreifach verbraucht": Beate Schabert-Zeidler

"Gleichheitsgrundsatz verletzt": Beate Schabert-Zeidler (Pro Augsburg)


Beate Schabert-Zeidler sah das CSU/SPD-Argument “weil wir eine große Fraktion sind” gleich dreifach verbraucht: Es sei zwar ein gewisser Mehraufwand vorhanden, der aber durch mehr Vertreter für den Fraktions­vorsitzenden und mehr angestelltes Personal aufgefangen sei. Eine zusätzliche höhere Einstufung des Fraktions­geschäfts­führers und eine höhere Entschädigung für den Fraktions­vorsitzenden seien dagegen nicht mehr in Ordnung.

Sowohl Pro Augsburg als auch die CSM sahen durch die unterschiedliche Entschädigung der Fraktions­vorsitzenden den Gleichheits­grundsatz des Artikels 3 Grundgesetz verletzt. Fraktions­vorsitzende seien nicht mehr gleich viel wert, es gebe jetzt solche erster und zweiter Wahl.

“Paradiesische Zustände” für Dreierfraktionen

Bernd Kränzle (CSU) und Willi Leichtle (SPD) hielten dagegen. In der heutigen Zeit hätte sich die demokratische Willensbildung verändert, man habe mehr gute Arbeit in der Nähe von Bürgern zu leisten, so Kränzle, weswegen ein erhöhter Personalbedarf vertretbar sei. In der Verantwortung des Fraktions­vorsitzenden sei es ein großer Unterschied, ob er für drei oder für 20 Fraktions­mitglieder zuständig sei.

"Paradiesische Zustände": Willi Leichtle (SPD)

"Viele Dinge bleiben am Fraktions­vorsitzenden hängen": Willi Leichtle (SPD)


Willi Leichtle schlug in die gleiche Kerbe: “Viele Dinge bleiben am Fraktions­vorsitzenden hängen, auch wenn er noch so viele Stellvertreter hat.” Er habe selbst eine 28-köpfige Fraktion, darunter viele “Individualisten”, geführt. Mit nur drei Mitgliedern hätte er dagegen “geradezu paradiesische Zustände” gehabt. Ausgangspunkt der Überlegungen zur Neuregelung der Entschädigungen sei zudem eine Dreierfraktion gewesen: die der Freien Wähler in der vergangenen Legislatur, die nur aus einem Vorsitzenden und zwei Stellvertretern bestanden habe – alle mit erhöhter Entschädigung. Dies sei ungerecht gewesen.

Grüne stimmen trotz Regierungsbeteiligung dagegen

Gegen die 20 Stimmen von Grünen, AfD, Pro Augsburg, CSM, Freien Wählern und ÖDP beschloss der Stadtrat die höhere und besser dotierte Personal­ausstattung für Fraktionen und Ausschuss­gemeinschaften, die sich mit gut 300.000 Euro jährlich im Haushalt auswirken wird. Gegen die abgestufte Entschädigung der Fraktions­vorsitzenden stimmten zusätzlich die beiden Stadträte der Linken, Oliver Nowak (Polit-WG) und CSU-Stadtrat Max Weinkamm und damit 24 Stadträte. Ein von Claudia Eberle (CSM) vorgestellter Kompromiss­vorschlag, der mit insgesamt weniger Spreizung zwischen großen und kleinen Fraktionen und gleicher Entschädigung für alle Fraktions­vorsitzenden ausgekommen wäre, wurde mit 23:36 Stimmen abgelehnt.